Mythos Gabreta

Mythos Gabreta – Unser keltisches Erbe im Bayer- und Böhmerwald

Ein Vortrag von Jakob Wünsch beim Verein Pro-Nationalpark

Mit unserem keltischen Erbe im Bayer- und Böhmerwald beschäftigt sich Jakob Wünsch seit Jahrzehnten. Anhand von Mythen und Sagen, Brauchtum und neuesten archäologischen Forschungen erzählte er davon. Es „sprudelte“ nur so aus ihm heraus. Spannend brachte er noch heute gängige Geschichten, aber mit schon uralten Wurzeln aus dem geheimnisvollen Grenzgebirge der drei Länder Bayern, Böhmen und Oberösterreich – dem keltischen Bocks-Wald GABRETA seinen Zuhörern näher.

Zu Beginn seines Vortrages erzählte er die Geschichte eines ochsenbespannten Leichenzuges. Der Bauer in der Sage ist aus Großenpining bei Oberschneiding im Gäuboden – ganz in der Nähe zweier Keltenschanzen – und das Ochsengespann zieht seinen Sarg in den Bayerischen Wald nach Oberkreuzberg – Tiere haben das bessere Gespür für heilige Orte… und der keltische Totengott DAGDA fährt mit seinem Ochsengespann ostwärts – der aufgehenden Sonne – der Erneuerung entgegen..

Im weiteren Verlauf seines Vortrages zitierte Jakob Wünsch den Herausgeber der Zeitschrift der Gesellschaft für Bayerische Archäologie Heft 2/2015 mit dem Titel – Geheimnisvoller Grenzwald. In seinem Vorwort schreibt Roland Gschlößl „….noch vor wenigen Jahrzehnten galt das Gebiet östlich der Donau noch als eine Terra incognita – ein unbekanntes Land – für die Archäologie. Hartnäckig hält sich in den Köpfen auch vieler Einheimischer die alte Lehrmeinung, dass der Bayerische Wald erst im Hochmittelalter besiedelt worden sei. Vor dem Jahr 1000 n.Chr., so meint man weitläufig, gab es hier nur undurchdringliche Waldwildnis. Nicht recht in dieses Bild passen jedoch die schon lange immer wieder auch an abgelegenen Stellen im Wald vorgefundenen vorgeschichtlichen Objekte, z.B. neolithische Steinbeile.

Erst in den letzten 25 Jahren hat die Forschung in der „Wald-Archäologie“ Fortschritte gemacht. Systematische Feldbegehungen haben eine zunehmend dichtere vorgeschichtliche Fundlandschaft im Bayerischen Wald erbracht. Von der altsteinzeitlichen Rohstoffsuche über die erste umfassende Besiedlung in der späten Jungsteinzeit bis zu den keltischen Handelswegen zwischen Bayern und Böhmen.“

Zurück zu den Geschichten:
Ein weiterer Leichenzug bewegt sich nach dem Tod der bösen sagenhaften
Gräfin Wöklin =Wecklin ebenfalls von einem Ochsengespann gezogen, aus der Burg Ramelsberg heraus. Die Ochsen mit dem Sarg bleiben aber unter einem Baum am Schlosstor unbeweglich stehen und nichts kann sie zum Weitergehen bewegen, bis schlussendlich ein Rabe auf dem Sarge landet. Der daraufhin beerdigte Sarg ist so leicht als wäre er leer …Bald darauf weiherzt die Wöklin solange, bis ein Einsiedler aus Lueg sie in den Rachelsee verschafft ( = verbannt) .

Dem keltische Gotte LUG hilft ein Rabe bei der Gründung der Stadt Lugdunum, heute Lyon, indem er das Baumaterial an den dafür geweihten Platz legt –
der Gott Lug trät den keltischen Namen des Raben – LUGUS – bereits in seinem Namen, ebenso wie Ramelsberg, das nach Joseph Klämpfl ursprünglich Raminsberg
– Rabenberg – genannt wurde.

Raben als Platzweiser fungieren auch bei einem Streit über den richtigen Bauplatz
der Kirche zwischen Gottsdorf und Neustift im unteren Bayerischen Wald. Dort geht der Streit über den richtigen Ort für das heilige Bauwerk solange bis sich ein Holzfäller versehentlich ins Bein schlägt und ein Rabe das gestapelte Bauholz nach Gottsdorf fliegt.

Die gleichen Sagen erzählt man sich auf der tschechischen Seite des unteren Böhmerwaldes bei Stein im Böhmerwald (Polna na Sumava) und Andreasberg
(Ondrejov) nahe Krumau :

Der keltische Rabe Lugus findet die rechte, die alte Stätte für den Gott Lug –
und der Holzfäller ist eine der drei Emanationen (Erscheinungsformen) des Lug:
bei den Kelten heißt dieser Gott HESUS und das Blut des „ungeschickten“
Holzfällers darf ohne weiteres als Bauopfer interpretiert werden.

Bereits die griechischen Autoren Strabo (+ 23 n. Chr.) und Ptolemäus (+ 16o n.Chr.) benannten den Böhmerwald mit GABRETA HYLE, woraus im Humanismus des 16.Jahrhunderts
das lateinisch SYLVA GABRETA wurde. Der Name GABRETA ist keltischen
Ursprunges und hyle gabreta heißt somit soviel wie Bockswald oder Geissenwald.

In der Riesengeiss auf dem Hohenbogen findet sich eben diese Geiss wieder – ebenso wohl auch bei Bischofsmais bildet der Geisskopf mit dem anschließenden Bergrücken namens Bocksruck ein landschaftsmythologisches Abbild alter
keltischer Vorstellungen .

Der alte keltische Gott GABRUS blickt „bockig“ in unsere Zeit herüber.

Heinrich Vierlinger

Dieser Beitrag wurde unter Texte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.